Generationen Y und Z, lasst uns doch mal reden
Eine ernst gemeinte Bitte
– Eine Einführung
Hallo liebe Vertreter (m/w/d) der Generationen Y und Z.,
erst einmal – Gratulation zu Eurer Bezeichnung. Ihr habt definitiv den besseren Namen ergattert. Wir hätten Euch auch „Baby Downswinger“ nennen können oder wie wäre es mit „Downturn Babes“? Wir? Wir, die Baby Boomer, von denen es unendlich viele zu geben scheint und die auch im zarten Rentenalter noch das Baby in der Bezeichnung führen werden – wir haben irgendwann mal die Bezeichnung Gen X erfunden. Ihr lagt noch in der Wiege oder wart noch nicht mal geplant, als wir – war ja auch bequem – dann mit Y und Z weitergemacht haben für Euch, für die Generationen, die ein seltenes Gut sind.
Generationen im Überblick
Über die Autorin
Babyboomer und Gen Y/Z – wer kann was?
Und nun haben wir, wenn man Film, Funk und Fernsehen glauben mag, einen der größten Generationenclashs in der Geschichte der Menschheit. Ich habe noch gelernt, dass Mädchen einen Knicks machen und Jungen einen Diener, wenn Sie Erwachsene begrüßen. Ihr streckt mir wahlweise die Faust oder die aufgestellte Hand hin – irgendwas zwischen Ghettogruß und high five. Ihr habt einfach keinen natürlichen Respekt vor dem Alter (vor uns), auch nicht vor Hierarchien. Wenn ich Euch irgendwo – auch im Berufsleben – treffe, duzt Ihr mich. Mir wäre es nie in den Sinn gekommen, jemanden, mit dem ich nicht mindestens das Bett geteilt, die Nacht durchgetanzt oder –getrunken hatte, zu duzen. Im Berufsleben ging das Duzen schon mal gar nicht. Ich kann mich noch gut erinnern, als mir Anfang der 1990er meine Trainee-Kollegin nach 4 Jahren im gleichen 2er-Büro anbot, dass ich sie – unter Beibehaltung des „Sie“ – künftig ohne Doktortitel anreden dürfe.
Ihr findet uns uncool, zu alt, zu wenig flexibel, zu wenig agil und noch weniger digital. Wir finden Euch zu wenig verbindlich, zu oberflächlich, zu unerfahren, zu jung, um sich durchzusetzen und Vorgänge wirklich zu überblicken. Ihr habt einen Großteil Eures Berufslebens noch vor Euch. Unser Berufsleben neigt sich dem Ende entgegen. Euch gehört die Zukunft, und Ihr seid so wenige, dass wir froh sind, wenn wir einen von Euch in unser Unternehmen gelockt haben. Dafür legen wir Euch fast bis zur Selbstaufgabe rote Teppiche und goldene Teller hin. Und wenn wir Euch an Bord haben, erklären wir Euch unsere Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, unternehmensinterne Benimmregeln und mahnen Euch ab, wenn Ihr dagegen verstoßt. Umgekehrt merke ich selbst, wie sehr es verunsichert, wenn unsere Erfahrungen und unser Wissen, das wir gerne weitergeben würden, von Euch gar nicht gewollt sind, Ihr im Idealfall noch geduldig zuhört, und dann Euer Ding doch so macht, wie Ihr es Euch vorstellt. Aber wir sind noch da – und wir sitzen in wichtigen Positionen, die über Euren Erfolg entscheiden können, sei es als Unternehmenslenker oder als Investoren. Wir könnten Euch ausbremsen (tun wir auch teilweise), Euch unsere Regeln aufzwingen. Umgekehrt gibt es schon erste Unternehmen, die alle über 50 früh verrenten wollen – interessanterweise Unternehmen, deren Vorstände selbst überwiegend über 50 sind. Beide Wege zeigen, dass nicht sachgerecht, sondern eher Angst oder Macht getrieben agiert wird.
Im Team zum Ziel
Und nun? Ganz einfach: Als Beraterin, die Menschen und Unternehmen in Veränderungssituationen begleitet, sind zwei meiner wesentlichen Eigenschaften: Beobachten und Zuhören. Ich beobachte Euch und versuche Euch zu verstehen. Ja, Ihr könnt vieles besser als ich. Ich habe meine beiden Examensarbeiten noch auf der elektrischen Schreibmaschine geschrieben mit Blaupapier, um gleich einen Durchschlag zu haben. Dafür waren klare Gedanken, hohe Analysefähigkeit, gutes Gedächtnis und vorausschauende, strukturierte Denk- und Arbeitsweise Voraussetzung. Ihr wisst vermutlich nicht mal, wozu man Blaupapier benötigt. Dafür seid Ihr mit dem Computer groß geworden. Ihr kennt nicht die bis heute leise flackernde Angst, dass man stundenlang an etwas arbeitet, was dann im Computerhimmel für immer verschwindet. Ihr seid agil, digital, viral und virtuell bewandert und haltet Euch nicht an fest zugewiesene Arbeitsplätze und oder Arbeitszeiten. New Work ist Euer Schlagwort, das verheißt, dass jetzt alles besser wird.
Aber die modernen Methoden helfen in der Praxis nicht immer. 2 Beispiele:
Beispiel 1
Ich durfte ein IT-Unternehmen beraten, dessen Unternehmenszweck die Anwendung neuer Methoden, Instrumente, Arbeitsformen ist. Mein Part: Herausfinden, warum die Unternehmensstrategie nicht greift. Dazu benötigte ich keine modernen Methoden, sondern kam mit Mitarbeitern und Führungskräften ins Gespräch, hörte zu, hinterfragte und verschaffte mir so ein Bild, das ich der Leitung vermitteln konnte. Die Umsetzung der Erkenntnisse erfolgte dann inhouse mit agilen Methoden.
Beispiel 2
Mich rief kürzlich ein ITler der Gen Y an, um mich als Rechtsanwältin für das Eintreiben einer Forderung zu beauftragen, die ein Kunde nicht bezahlen wollte. Da hilft kein Scrum, keine KI, kein New Work – nur der Blick ins Gesetzbuch. Ich erläuterte ihm, was ein Mahnbescheid ist – er wird das jetzt selbst online erledigen. Nur ein kleines Beispiel für mein Anliegen – meine Lebens- und Berufserfahrung verpackt in Eure Tools.
Es gibt natürlich auch bockige Babyboomer. Ich habe es kürzlich noch erlebt, dass mir ein Geschäftsführer sagte: ‚Ich möchte Ihre Meinung wissen, meine steht längst fest.‘ Ok, Solche ignorieren wir zugunsten der vielen Interessierten. Wir könnten sensationell gute Teams sein, wenn wir es schaffen würden, miteinander zu reden und einander zuzuhören. Berufs- und Lebenserfahrung sind ein wertvolles Asset – heute ebenso wie früher. Lasst uns überlegen, wie wir mit unseren Stärken die Zukunft gemeinsam gestalten können. Ich, die sich als „Rebel by nature“ bezeichnet, die stets mangels Stromlinienförmigkeit angeeckt ist, bin sicher, dass ich mein Berufsleben nicht in Frieden und mit spannenden Themen beenden kann, wenn ich nicht einen Draht zu Euch finden kann. Und da bin ich nicht alleine. Umgekehrt seid Ihr viel zu wenige, als dass Ihr wirklich ernsthaft darüber nachdenken könnt, die nächsten 10 Jahre ohne uns zu arbeiten.
Generation Alpha
Denn aufgepasst, Gen Y und Z – die nächste Generation steht schon in den Startlöchern und hat auch schon einen Namen: „Generation Alpha“. Alpha – der Höchste, Größte Beste (m/w/d). Ich habe kürzlich einen Vertreter dieser Generation getroffen. Er schaute zu mir hoch. Ich wollte cool und modern sein und grüßte ihn mit high five. Seine Reaktion: Er reichte mir die Hand mit den Worten: „Entspann Dich und schlag ein“. Danke Elio! Du wirst noch einige Jahre meinen, dass Du von mir lernst und mir zuhören, wenn ich Dir die Welt erkläre. Aber in Wirklichkeit lerne ich von Dir. Ich will neugierig bleiben, wie die nächste Generation tickt, und erfahren, ob meine Vermutung stimmt: egal, was man wie als Generation tut, handelt, denkt – die nächste Generation will es anders machen. Vermutlich es ist auch das, was uns Menschen unter anderem weiterbringt.
Übrigens: Elio wird dieses Jahr sechs Jahre alt. Wenn Elio in 20 Jahren mit beiden Beinen im Berufsleben steht, bin ich längst verrentet und Ihr fast so alt wie ich heute.
Janetta Cordier (cordier-personalstrategien.de) ist Kooperationspartnerin für die Beratung unserer Kunden zu personalstrategischen Themen. Sie lebt in Frankfurt am Main und vor den Toren Berlins. Als HR Executive Beraterin begleitet sie Unternehmensgründer und -entwickler sowie Führungskräfte in deren strategischen und operativen Personalthemen.
Learnings
Moderne Theorien sind nicht zwangsläufig zukunftsfähiger.
Kommunikation stellt die Basis von Teamarbeit dar.
Gemeinsam unternehmerisch denken.
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Ralf Haase
Organisationsdesigner | Netzwerker | Future Leadership Evangelist